Jungen, Mächen und Computer im Kindergarten
Paper für "The Culture of Children at the End of the
20th Centuty". International Conference. Bad Segeberg 23.-25.august
1995
Carsten Jessen
Ich möchte zunächst einmal das Forschungsprojekt, mit
dem ich im Augenblick arbeite, ganz kurz vorstellen. Der Titel
ist "Die Computerkultur von Kindern", und dass besagt
wohl schon, daß es bei diesem Projekt nicht um die Frage
geht, wie wichtig es ist, daß Kinder in der Schule Computer
verwenden. Auch geht es nicht darum, wie wichtig es ist, daß
Kinder lernen, die neue Technologie zu benutzen. Dieser Aspekt
ist natürlich wichtig, und es ist in den letzten Jahren zahllose
Untersuchungen in diesem Bereich durchgeführt worden.
Mein Interesse konzentriert sich aber auf einen anderen Aspekt
des Themas "Kinder und Computer", und zwar auf die eigene
"Computerkultur" von Kindern - einen Aspekt, der oft
vernachlässigt wird. Bekanntlich haben Kinder und Jugendliche
längst den Computer als Spielzeug in Besitz ergriffen.
Mein Projekt besteht in einer Beschreibung von der Computerkultur
von Kindern sowie in einer Untersuchung davon, wie das Computermedium
auf die existierende Kinderkultur einwirkt, bzw. in sie aufgenommen
wird. In diesem Zusammenhang möchte ich die Bedeutung des
Computers für die Formen des Spiels und des Zusammenseins
der Kinder erfassen.
In einer früheren Phase meiner Projektarbeit habe ich die
Computerkultur von Kindern im Alter von 7 bis 14 Jahren untersucht.
Ich werde heute nicht näher darauf eingehen, sondern nur
kurz erwähnen, daß die vielen Vorurteile vieler Erwachsener,
besonders gegen Computerspiele, sich nicht bestätigen ließen.
Computerspiele sind so z.B. selten eine asoziale oder individuelle
Aktivität. Das Kind ist selten alleine vor dem Computerschirm,
sondern die Aktivität ist weitgehend sozial. Kinder spielen
gemeinsam Computerspiele. Sie tauschen Spielen, und sie tauschen
Tips und Tricks für die Spiele.
Man kann sagen, daß der Computer ein Teil der Spielkultur
von Kindern geworden ist, was weitgehend auf den Bedingungen ebendieser
Kultur geschehen ist. In diesem Sinne ist der Computer "The
Childrens' Machine" wie der titel von einen bekannten Buch
lautet.
Als Teil meines Projekts habe ich neulich einige Untersuchungen
in Kindergärten durchgeführt. Ich muß zugeben,
daß ich nichts über die Verbreitung von Computern in
deutschen Kindergärten weiß, aber in Dänemark
und im übrigen Skandinavien sind sie immer noch selten -
und zwar aus pädagogischen Gründen. Dänische pädagogen
sind nicht gerade begeisterte Anhänger der neuen Technologie.
Es gelang mir nur, einen Kindergarten zu finden, wo man seit langem
einen Computer hatte, und wo die Kinder zu ihm wie zum übrigen
Spielzeug, z.B. den LEGO-Steinen, freien Zutritt hatten. Dafür
konnte untersucht werden, was die Kinder mit einem Computer anfingen,
wenn er ein ganz neues Phänomen darstellte.
Dies ist der primäre Gegenstand meiner Untersuchung.
In der Praxis wurde die Untersuchung folgendermaßen gestaltet:
Zwei Computer wurden in die Kindergärten aufgestellt. Die
Kinder bekamen eine sehr kurze Einführung in den Gebrauch
der Programme, und danach wurden die Maschinen im Prinzip den
Kindern überlassen.
Über eine Periode von drei Monaten wurde die Tätigkeit
der Kinder bei den Computern anhanden regelmäßiger
Videoaufnahmen intensivf beobachtet, und die Aufnahmen wurden
hinterher analysiert. Dabei lag der Schwerpunkt in erster Linie
auf der Interaktion der Kinder.
Eine Analyse von der Bedeutung und Wirkung des Computers könnte
natürlich im Computer selbst als Medium und in der Struktur
und dem Inhalt der einzelnen Computerprogramme seinen Ausgangspunkt
nehmen. Diese Aspekte sind selbstverständlich wesentlich,
aber ein solches Vorgehen ist offenbar nicht problemlos: Der Computer
hat für uns heute einen ganz bestimmten Status, und nicht
zuletzt deswegen machen wir uns eine Menge Vorstellungen davon,
wie der Computer auf Kinder und Jugendliche einwirkt. Oft geht
man in Versuchsprojekten und in der Forschung unkritisch davon
aus, daß der Computer einen besonderen Effekt hat, den zu
erfassen man sich vornimmt. Diese Vorstellungen gründen meiner
meinung nach in der im pädagogischen Denken üblichen,
aber oft unbewußten Annahme, daß den Kindern Wissen
von außen beigebracht werde. In Beziehung auf die Medien
wird dies oft als "Abdruck" begriffen.
Solche Vorstellungen stehen der Erkenntnis im Wege, daß
der Computer vielleicht keinen besonderen Beeinflussungsfaktor
darstellt. Wenn wir ständig unser Augenmerk darauf richten,
was der Computer den Kindern antut, dann verstellt dies den Blick
auf den Umstand, daß Kinder oft in einer Weise mit dem Computer
umgehen, die gar nicht beabsichtigt war. Das beste Beispiel dafür
habe ich in beim Levin und Karev, die in einen buch von 1980 beschreiben,
wie zwei Jungen ein Computerspiel in einer etwas außergewöhnlichen
Weise benutzen. Ich zitiere:
Die Jungen hatten auf dem Computerschirm ein Bild mit zahlreichen
Punkten. Sie haben den Cursor vorsichtig von einem Punkt zum
anderen bewegt. Dann liefen sie aus dem Wohnzimmer in ihr eignes
Zimmer und spielten eine Weile dort. Danach liefen sie zurück
zum Computer und bewegten den Cursor vorsichtig zu einem neuen
Punkt und liefen dann zurück ins Zimmer. Das wiederholte
sich mehrmals. Als sie gefragt wurden, was sie denn überhaupt
machten, haben sie geduldig erklärt, daß sie "Star
Trek" spielten - mit dem Computer als Schaltpult im Überwachungsraum.
Sie sind von einem Planeten zum anderen gewarpt und haben sich
dann hinuntergebeamt, um die Planeten, d.h. das Zimmer, zu erforschen.
Die beiden folgenden Beispiele sind meiner Untersuchung entnommen.
Ich zitiere:
Tobias, 3 Jahre alt, sitzt alleine beim Computer mit dem Programm
"Millies Math House" auf dem Schirm. Man sieht drei
Gestalten von verschiedener Größe, und es is dann die
Absicht, daß man ihnen Schuhe anziehen soll, um etwas über
Größenverhaltnisse zu lernen.
Tobias bewegt die Maus ein bißchen umher, ohne daß
es ihm recht gelingen will, etwas zu machen. Line, 4 Jahre, kommt
mit einer Puppe im Arm vorbei. Sie setzt sich neben Thomas, schaut
ein wenig zu und sagt nach kurzer Zeit:
- Der Große ist der Vater, nee?
Thomas antwortet nicht richtig, aber protestiert auch nicht. Line
nimmt die Maus.
- Der Kleine ist der Knirps, und die da (sie zeigt mit dem Finger)
ist die Mutter.
Sie fängt dann ein typisches Rollenspiel an.
Und noch ein Beispiel. Ich zitiere:
Zwei fünfjährige Jungen spielen ein älteres
Computerspiel vom "Space"-Typus. Mit den Richtungstasten
können sie eine Gestalt auf dem Schirm bewegen, der zum
größten Teil aus kleineren und größeren
Punkten und Linien besteht. Sie werden von "Ungeheuern"
gejagt, aber in mäßigem Tempo, und sie scheinen nicht
vom Spiel gedrängt zu sein. Sie sind im Gegenteil gelassen,
sprechen ein wenig darüber, was sie tun sollen.
Irgendwann werden sie dann in eine Ecke gedrängt, und
die Flucht bereitet ihnen Schwierigkeiten. Der Junge bei den
Richtungstasten sagt:
- Wir nehmen ein Taxi, verdammt nochmal!!
- Jaaah. Wir nehmen ein Taxi, Taxi..., sagt der andere.
Die Gestalt wird zu einem der größeren Punkten auf
dem Schirm bewegt, wo er verschwindet, um an einer anderen Stelle
auf dem Schirm wieder aufzutauchen.
Kenner von "Space"-Spielen würden statt des Wortes
"Taxi" wohl eher "Teleport" sagen, aber
Taxi ist eine ausgezeichnete Bezeichnung: Man geht an einem
Ort rein, um an einem anderen rauszukommen.
Diese Beispiele können natürlich als "Fehlinterpretationen"
der Programme durch die Kinder und damit als Ausdruck eines Mangels
aufgefaßt werden. Eine solche Interpretation sieht aber
die Situationen von außen her und schreibt den Kindern die
Intentionen des Programms oder des Beobachters zu. Würde
man stattdessen die "Fehlinterpretationen" in dem Zusammenhang
sehen, den der Alltag der Kinder miteinander darstellt - das heist
im Zusammenhang mit der Spielkultur - , so sind sie richtig und
ergebnisreich: Sie stellen die schöpferische Grundlage für
Spiele her, und es ist deutlich, daß die Kinder selbst Phantasie
und Erzählungen hinzufügen.
Die Beschäftigung mit den Computerprogrammen sind somit
keine einseitige Kommunikation, sondern ein interaktiver Prozeß.
Diese Beispiele zeigen auch, daß Computerprogramme ein
Material darstellt, das im Spiel viele Funktionen übernehmen
kann. Daß Computerprogramme sich so verwenden lassen, ist
nicht besonders überraschend. Andere Materialien geht es
nicht anders. Überraschend wäre es nur, wenn wir von
vornherein erwarten würden, daß der Computer etwas
Anderes und Besonderes ist.
Dies heißt nun nicht, daß man vergessen soll, daß
der Computer ein besonderes Material ist, das wie andere Materialien
auch ihren Eigencharakter und ihre Eigenlogik besitzt, die die
Situation beeinflussen. Das Ergebnis dieser Beeinflussung aber
läßt sich nicht aus dem Material herleiten, sondern
es hängt vielmehr vom Kontext ab.
Meine Untersuchung macht deutlich, daß die Kinder nur in
geringem Maße beeinflußt sind von der üblichen
Auffassung (der Erwachsenen) davon, was ein Computer ist und wozu
er sich verwenden läßt. Die Maschine ist mit anderen
Worten nicht in ein Wertsystem eingebettet, das abgrenzt und entscheidet,
welche Handlungen die Kinder mit ihr vollziehen können.
Der Computer ist für die Kinder weitgehend ohne einen klaren
Kontext, und er hat den Charakter eines neues Materials, das erforscht
wird - nicht nur um der möglichen Aktivitäten willen,
die die einzelnen Programme formal und unmittelbar darbieten,
sondern ebensosehr um der Möglichkeit willen, ein Teil der
Spiele im Kindergarten zu werden.
Dies möchte ich durch ein Beispiel veranschaulichen.
Im Laufe der Untersuchungsperiode entwickelten die Kinder einen
Bestand an Wissen und Kompetenz auf dem Gebiet des Computers.
In einigen Fällen wurde das Wissen außerhalb der Gruppe
geholt, z.B. von älteren Geschwistern und von Eltern, aber
ein Großteil wurde von den Kindern gemeinsam bei der Erforschung
der Möglichkeiten des Computers und der Programme entwickelt.
Dies ereignete sich aber nicht als ein zielbewußter Lernprozeß,
sondern in einer Mischung aus Erforschung und Spiel, wie das folgende
Beispiel hoffentlich zeigt:
Zwei fünfjährige Jungen, Thomas und Johan, sitzen eines
Morgens beim Computer. Sie erforschen zum ersten Mal das Zeichenprogramm
KidPix. Früher an demselben Morgen haben sie zwei sechsjährige
Jungen bei diesem Programm zugesehen. Bei dieser Gelegenheit haben
sie zwei Funktionen gesehen, die sie spannend finden: die eine
Funktion räumt das Schirmbild, was in Kidpix so gestaltet
ist, daß eine "Bombe" in verschiedener Weise das
Schirmbild zum Explodieren bringt; die andere Funktion erlaubt
es, eine Anzahl vorgezeichnete Stempel mit Gestalten wie Tieren,
Menschen, Gesichtern, Autos, Zügen usw. zu wählen.
Thomas und Johan verbringen ungefähr eine Viertelstunde
damit, das Programm kennenzulernen, und verwenden u.a. die "Bombe"
viel. Zu diesem Zeitpunkt mischt sich ein Erwachener ein und zeigt
ihnen, wie sie die Stempel vergrößern können,
und das fesselt sie. Sie fangen an, mit den Gestalten zu spielen,
die sie auf den Stempeln vorfinden. Sie machen z.B. Tierlaute
und machen zu jeder Gestalt eine ganz kurze Geschichte. Der Saurier
brüllt eine Katze an, die mit einer dünnen, angstvollen
Käætzchenstimme antwortet.
Auf diese Weise fahren sie fort, von einem Gegenstand zum anderen
springend. Erst als sie zu Stemplen mit Menschen drauf kommen,
halten sie den Gegenstand fest:
- Das da sind die Mutter und der Vater, das ist dann der ältere Bruder,
das ist der Knirps. Er schläft, sagt Thomas.
- Ja, sagt Johan.
Kurz darauf finden sie ein Fernsehen, das eingesetzt wird. Sie
finden zwei gesichtsähnliche Stempel, die sie gerade gegenüber
einander anbringen.
- O je, die küssen sich! sagt Thomas.
- Ja! sagt Johan. Beide lachen.
- Das Mädchen küßt den Jungen auf die Lippe,
nee?
- Klar.
Thomas bewegt die Gestalten.
- So, jetzt könnense sich nicht küssen, sagt er.
Wenig später setzen sie mit der Stempelfunktion eine Tasse
ins Schirmbild:
- Das ist ihr Kaffee, nee, sagt Thomas.
- Doch, antwortet Johan und macht "Schlabber"laute.
Sie fahren über eine halbe Stunde mit ihrem Spiel fort,
ab und zu von Versuchen mit neuen Funktionen und Stempeln unterbrochen.
Durch eine solche Mischung aus Erforschung und Experimenten sowie
Spiel und Albernheiten entwickeln Kinder typisch ihr Wissen über
die einzelnen Programme. Es handelt sich nicht um zielbewußte
Arbeit, sondern um Spiel, und es ist eher die Regel als die Ausnahme,
daß die Kinder zwischen Erforschung - wie man es nennen
könnte - und Spiel hin- und herschwanken. Es ist für
diese "Computerspiele" charakteristisch, daß sie
in dem Sinne produktiv sind, daß die Kinder die Phantasie
gebrauchen und Spiele und "Erzählungen" produzieren,
was für jenes Alter typisch ist, in dem Rollenspiele und
Phantasiespiele die Spielkultur beherrschen.
Es handelt sich also nicht um Konstruktionsspiele, Manipulationsspiele
oder reine Experimente mit den Objekten auf dem Schirm. Konstruktion,
Manipulation, Experiment und Problemlösung sind im Spiel
gegenwärtig, aber sie sind der gemeinsamen Herstellung eines
Spiels oder eines "Spiel-Raums" untergeordnet.
Der Computer und das Programm stellt einen Rahmen und oft auch
eine Vorlage zum Thema des Spiels zur Verfügung, während
die Kinder diesen Rahmen gemeinsam füllen und dem Computer
eine Rolle im Spiel zuteilen. Man sollte sich aber merken, daß
das Programm nur in geringem Maße den Inhalt der Spielaktivität
bestimmt. Letzten Endes definieren die Kinder selbst den Raum
und den Inhalt des Spiels, und zwar oft quer zu dem, was die Programme
explizite nahelegen. KidPix ist ein Zeichenprogramm, aber es wird
nicht unmittelbar für diesen Zweck verwendet. Diese Art und
Weise, Material im Spiel zu verwenden, entspricht dem Ergebnis,
zu dem Sutton-Smith in Bezug auf Spielzeug gelangt ist. Das Spielzeug
kontrolliert nicht das Spiel oder die Phantasie der Kinder. Ich
zitiere auf englisch:
"Rather, the toys are transformed by the experienced players
to suit their own imaginative convenience. The toys are an agency
for the imagination; they do not make the imagination their victim
as is implied by much intellectual prejudice" (Sutton-Smith
1986).
Es ist übrigens typisch, daß die Kinder anfangs einige
wenige grundlegende Fertigkeiten in der Bedienung der Programme
erwerben (z.B. in KidPix Gestalten stempeln zu können), um
dann diese Fertigkeiten spielend anzuwenden. Mann kan sagen, daß
die Fertigkeiten eine Art "Formeln" sind, über
die die Kinder improvisieren.
Wie früher erwähnt kann die Art und Weise, in der die
Programme verwendet werden, von außen gesehen als "fehlerhafte"
Verwendung interpretiert werden. Im Kontext der Spielkultur verhält
es sich jedoch anders: Die Kinder erforschen die Programme, aber
nicht mit dem Ziel des bloßen Kennenlernens, sondern mit
dem Spiel als übergeordnetem Ziel. Wahrend man aber von außen
in erster Linie bemerkt, daß sie Fertigkeiten in der Bedienung
eines Programms und gleichzeitig in der Bedienung des Computers
als solcher erwerben, handelt es sich auch um eine mehr verborgene
Aneignung des Computers, und zwar als integralen Bestandteils
des sozialen Zusammenseins und der Spielkultur im Kindergarten.
Die Themen und Inhalte der Computerspiele werden von den Kindern
aus anderen Spielen mitgebracht und dann in das Spiel hineingelegt.
Man kann behaupten, daß sie primär die Möglichkeiten
des Computers als Teils der Spiele prüfen, die im Kindergarten
Tradition haben, z.B. der Vater-Mutter-Kind-Spiele. Anders gesagt:
Sie setzen sich zum Computer und erforschen KidPix mit dem Ziel,
die Spielmöglichkeiten aus dem Programm zu holen, und sie
eignen sich so den Computer an, indem sie ihn in die existierende
Spielkultur integrieren.
Der Computer wird also von den Kindern nicht passiv empfangen,
und er wird auch nicht nur "entschlüsselt". Es
findet vielmehr eine aktive Bearbeitung der Maschine und der Programme
statt, die diese dem Spieluniversum der Kinder anpassen. Und hier
erhält der Computer zuerst seine eigentliche Rolle und seine
Bedeutung.
Es muß betont werden, daß der Computer in dieser
Hinsicht nicht einzigartig ist. Man denke nur an ein Dreirad im
Kindergarten, das ja auch nicht ein Verkehrsmittel für die
Kinder, sondern ein Instrument im Spiel ist.
Das hier Gesagte läßt aber nicht die Behauptung zu,
der Computer habe keinen Einfluß auf die Spiele der Kinder
geübt. Der Computer organisiert u.a. ihr Zusammensein in
einer besonderen Weise. Er ist ortsfest, so daß sie sich
nicht von anderen Kindern oder von den Erwachsenen entfernen können,
und vor dem Schirm ist in der Praxis nur für zwei Platz,
während die übrigen Kinder eher in die Rolle als Zuschauer
eingehen, was jedoch, wie schon erwähnt, nicht unbedingt
heißt, daß sie passive Teilnehmer sind. Der Computer
und die Computerprogramme stellen wie andere Medien auch in diesem
Sinne einen Rahmen dar, der gewisse Aktivitäten initiiert
und dem, was die Kinder tun können, Grenzen setzt. Diese
Grenzen zu finden bedarf einer näheren Analyse von den Spielen
der Kinder mit dem Computer.
Das war jedoch nicht das primäre Ziel der Untersuchung.
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Ich möchte nun af das Thema Jungen, Mächen und computer
eingehen.
Bekanntlich unterscheiden sich Mädchen und Jungen im Hinblick
auf ihr Interesse für Computer. Es ist eine allgemeine Erfahrung,
daß Jungen sich mit Freude und Energie über den Computer
werfen, während Mädchen zurückhaltender sind. Dieser
Unterschied ist schon im Vorschulalter deutlich, in dem die Geschlechtsrollen
maßgebend sind für die von Kindern entwickelte "Computerkultur".
Die Ursache der verschiedenen Interessen der Mädchen und
Jungen für den Computer hat man in der Regel im Computer
selbst suchen wollen, z.B. in dem Umstand, daß die Maschine
logisch und rational ist und auf mathematischem Denken baut. Die
Ursache wird sozusagen in die Maschine plaziert. Daran mag schon
etwas Wahres sein, aber es ist nur der eine Aspekt der Sache,
der den Kontext außer acht läßt, von dem der
Computer ein Teil ist.
Wie erwähnt ist der Computer ein Phänomen, dessen Rolle
und Bedeutung erst in der Rezeption festgelegt werden, wenn er
in die existierende Spielkultur aufgenommen wird und von den Kindern
geformt wird, und deshalb spielt die Spielkultur natürlich
eine Hauptrolle für das Interesse.
Eine ganze Reihe Kulturstudien haben sich mit der Frage befaßt,
wie die Geschlechtsrollen und die Geschlechtsunterschiede in der
Spielkultur von Kindern zum Ausdruck kommen. Diese Studien zeigen
alle, daß auch im Vorschulalter klare Geschlechtsunterschiede
existieren. Zwar haben Kinder keine vollkommen entwickelte Geschlechtsidentität,
aber dafür haben sie ein klares Bewußtsein von Geschlechtsunterschieden.
Dieses Bewußtsein kommt in der Organisation des Spieles
zum Ausdruck, darin, daß Mädchen vor allem mit Mädchen
und Jungen mit Jungen spielen, und in unterschiedlichen Inhalten
und Formen der Spiele.
In einer nunmehr klassischen skandinavischen Untersuchung von
Geschlechtsunterschieden im Spiel von Kindern im Vorschulalter
hat Berentzen 1969 aufgezeigt, daß die Kategorien "Junge"
und "Mädchen" grundlegende Bezugspunkte für
die Organisation von Spielen durch Kinder sind. Diese Bezugspunkte
sind wesentlich für ihre Beurteilung von Spielen, von Spielzeug,
von anderen Kindern usw.
Berentzen hat auch nachgewiesen, daß Kinder ihr Zusammensein
anders organisieren als die Mädchen. Bei den Jungen gibt
es größere Spielgruppen, die in der Regel hierarchisch
aufgebaut sind. Die Spielgruppen der Jungen sind zudem nach außen
relativ offen, und die Jungen sind darauf eingestellt, ohne größere
Diskussionen neue Teilnehmer in die Gruppe aufzunehmen.
Die Spielgruppen der Mädchen sind kleiner, und sie sind
oft extrem verschlossen. Die Mädchen organisieren ihr Spiel
und ihr Zusammensein in kleinen Gruppen von zwei oder drei, und
für die Mädchen ist es von zentraler Bedeutung, ob man
eine hat, mit der man zusammen sein kann, oder nicht. Sie verbringen
einen relativ großen Teil ihrer Zeit mit der Bestätigung
oder der Verneinung davon, wer zur Gruppe der Freundinnnen gehört,
und wer draußen ist. Abmachungen und Bündnisse spielen
schon vom Anfang des Kindergartenalters eine sehr große
Rolle.
Diese Unterschiede sind allgemeine und nicht absolute Züge.
Obwohl es in der Spielkultur der Jungen und der Mädchen Unterschiede
gibt, haben sie andererseits auch eine Menge Aktivitäten
gemein, besonders solche, die von Erwachsenen organisiert sind,
aber Jungen und Mädchen spielen auch miteinander.
Berentzen hat seine Untersuchung in den späten sechziger
Jahren durchgeführt. Seitdem hat sich die Geschlechtsaufteilung
in der Gesellschaft im allgemeinen geändert, und es wäre
zu erwarten, daß dies für das Zusammensein der Kinder
Bedeutung gehabt hat.
Spätere Untersuchungen scheinen jedoch nicht grundlegende
Änderungen nachweisen zu können. Geschlechtsunterschiede
spielen immer noch eine sehr große Rolle, obwohl eine gewisse
Aufweichung stattgefunden hat, so daß es z.B. nicht mehr
so ganz "verboten" ist, daß Jungen und Mädchen
miteinander spielen. So findet z.B. auch der Norweger Møklebust
in 1987 eine klare Geschlechtsaufteilung und sieht in den Spielgruppen
dieselben Züge wie Berentzen. Und jede pädagoge oder
lehrer können dass voll ohne weiteres bestätigen.
Wass ich in dieser zusammenhang am wichtigsten finde, ist das
die Spielgruppe der Jungen in der Regel größer als
die der Mädchen sind, und die Spielgruppen sind altersmäßig
uneinheitlicher. Die Spiele der Jungen erfordern oft mehr Teilnehmer,
und es ist nicht ungewöhnlich, daß kleinere Kinder
in der Gruppe sind.
Die Jungen organisieren sich auch in höherem Maße
auf der Basis von konkurrenzorientierte Spielaktivitäten,
während die Spiele der Mädchen oft spontan, imaginatifv
und frei von Strukturen und Regeln sind. Und in ihren Spielen
sind sie in der Regel abwechselnd dran und sie mässen sich
nicht so sehr gegenzseitig. Die Mädchen gehen wie erwähnt
oft paarweise in Beziehungen ein, statt in formalisierte Spiele
ein, und sie gehen genausosehr in Gespräche ein wie in eigentliche
Spiele, laut die Geschlechtsforscheren
Meine kollegin Anne Scott Sørensen stellt die Unterschiede
der Mädchen- und der Jungenkultur folgendermaßen schematisch
auf:
Girl culture
Clusters of girlfriend
dyads and triads
Shared identity
recognition, confirmation)
Informal, flat structure
Hidden or random
organization patterns
Exclusive relations
Intimacy qualities
(relations, people and situations)
Chat-oriented,
phatic communication
Existential theme:
being loved/not being loved
Dreams of metamorphosis
and beauty aesthetic
Boy culture
Gang culture and
group membership
Shared interests
approval, admiration)
Formal, hierarchic structure
Visible, rule-governed organization patterns
Open, changing relations
Performance qualities
(actions, facts)
Message-oriented,
emphatic communication
Existential theme:
doing well/not doing well
Dreams of conquest
and victory aesthetic
(Anne Scott Sørensen, 1992)
Die Gemeinschaften der Jungen sind als "handlungsorientierte
Interessengemeinschaften" zu charakterisieren. Ihre Aktivitäten
sind handlungsbetont, ihre Motive sind oft instrumental und ihr
Maßstab sachlich und prinzipiell. Die Gemeinschaften der
Mädchen dagegen sind geprägt von der Auseinandersetzung
mit der Gemeinschaft selbst - den Rollen, dem Zusammensein usw.
Parallel dazu erwähnt Møklebust, daß es für
die Jungen wesentlich ist, etwas zusammen zu tun, während
es für die Mädchen wesentlich ist, zusammen zu sein.
Die Geschlechtsforschung legt also die Vermutung nahe, daß
das Geschlecht auch im Vorschulalter eine überaus große
Bedeutung hat. Mädchen und Jungen haben schon hier weitgehend
je eine Spielkultur mit eigenen Inhalten und Zielen entwickelt,
und daher unterscheiden sie sich auch im Hinblick darauf, was
für sie am Spiel interessant und sinnvoll ist.
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Die Forschung auf dem Gebiet Mädchen, Jungen und Computer
ist im allgemeinen zu dem Ergebnis gelangt, daß die Interessen
der Jungen und Mädchen beim Computer, ihre Haltungen zu ihm
und nicht zuletzt zu ihren eigenen Fähigkeiten auf diesem
Gebiet sich unterscheiden. Dieser Unterschied kommt anscheinend
im Zusammenhang mit den Geschlechtsrollen, anfangend im dritten
bis vierten Lebensjahr, zustande, und er ist beim Anfang des Schulalters
relativ fest etabliert.
Auf die Frage, was diesen Unterschied bedingt, gibt es natürlich
viele und komplexe Antworten. Viele Versuche und Untersuchungen
sind so z.B. in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre durchgeführt
worden, als die Software, (z.B. das Programmieren) technischer
betont war, als es heute der Fall ist. Auch noch heute ist das
nur zum Teil berechtigte Vorurteil weit verbreitet, daß
der Computer Technik sei oder "mathematisch denke".
Die Softwareentwicklung hat zur Folge gehabt, daß es heute
viele Programme gibt, die sich inhaltlich auch an die Mädchen
wenden - Zeichenprogramme, Textverarbeitung usw. Gleichzeitig
ist die Bedienung des Computers leichter geworden, so daß
sie nicht länger technisches Interesse und technische Einsicht
erfordert.
Dennoch wird der Computer immer noch weitgehend von Männern
wie von Frauen, von Jungen wie von Mädchen als "maskulin"
aufgefaßt. Darin liegt wohl eine der wichtigsten Ursachen
dafür, daß Mädchen sich nicht für die Maschine
interessieren. Der Softwaretypus - oder vielleicht vielmehr die
Kenntnis der Software - ist selbstverständlich ein wichtiger
Umstand, aber er kann nicht alles erklären. Schon wichtiger
ist die Auffassung des Computers oder mit anderen Worten: die
Bedeutung, die man ihm in unserer Kultur - und in der Spielkultur
der Kinder - zuschreibt.
Wie die Studien Berentzens aufgezeigt haben, geht bei Jungen
und Mädchen die Organisierung des Zusammenseins von dem "Jungenhaften",
bzw. dem "Mädchenhaften" aus. Die Auffassung des
Computers als einer "maskulinen" Maschine, die im Augenblick
unsere Kultur (und damit natürlich auch die Auffassung der
Kinder vom Computer) prägt, bedeutet mit anderen Worten,
das er vor allem ein "Spielzeug für Jungen" ist.
Wenn die Maschine in die Spielkultur als solche eingeht, wird
insofern das "Jungenhafte" an ihm sich verstärken.
Das ist natürlich auch in Unterrichtssituationen von großer
Bedeutung, in denen die Auffassungen, die die Kinder mit sich
aus der Spielkultur bringen, nich ohne weiteres außer Kraft
gesetzt werden können. Jungen und Mädchen haben verschiedene
Formen der Zusammenarbeit und verschiedene Interessen, und sie
legen Wert auf verschiedene Gebiete - z.B. auf das sachlich Orientierte,
bzw. das auf Zusammensein Orientierte. Es gibt starke Jungen-
und Mädchenkulturen, die von den Kindern selbst geschaffen
und aufrechterhalten werden, und die sich nicht durch Unterricht
"vernichten" lassen.
Die Jungen- und Mädchenkulturen haben eine überaus
große Bedeutung im Leben der Kinder seit dem Vorschulalter,
und sie haben auch eine große Bedeutung für die Art
und Weise, in der der Computer aufgefaßt wir. Das fehlende
Interesse der Mädchen ist vielleiht eher hier als im Computer
selbst oder in der Software zu suchen. Die Ursachen für die
Geschlechtsunterschiede im Verhältnis zum Computer sind vielleicht
nicht in der Auffassung der Erwachsenen, sondern in der Auffassung
der Kinder vom Computer zu suchen. Der Computer ist sozusagen
das, wozu er von den Kindern gemacht wird, und nicht das, wozu
z.B. Forscher, Lehrer oder Pädagogen ihn macht, obwohl die
Auffassung, die die Erwachsenen den Kindern vermitteln, natürlich
von Bedeutung ist.
Es kann wohl kaum überraschen, daß die Jungen in den
Kindergärten sich zuerst den Computer in der hier beschiebenen
Weise angeeignet hat. Im ganzen bestätigt meine Untersuchung
die Unterschiede, die die Geschlechtsforschung im übrigen
nachgewiesen hat: Die Weise, in der Mädchen und Jungen den
Computer angehen, ist verschieden, und sie organisiseren dementsprechend
ihr Zusammensein beim Computer auf verschiedene Weise. Bei den
größeren Kindern (5- bis 6-jährigen) z.B. sind
Jungen und Mädchen nur selten gemeinsam beim Computer. Das
ist häufiger bei den kleineren Kindern (3- bis 4-jährigen)
der Fall, aber auch hier findet eine Geschlechtsaufteilung statt.
Aber sogar wenn Jungen und Mädchen gelegentlich vor dem
Computerschirm gemeinsam befindet, heißt das nicht, daß
eine eigentliche Gemeinschaft vorhanden ist. Oft ereignet sich
im Gegenteil ein Zusammenstoß der beiden Geschlechter vor
dem Schirm, bei dem sie mit verschiedener Tagesordnung und verschiedener
Art und Weise, die Maschine zu verwenden, sich einstellen. Die
beiden folgenden Beispiele sind Ausdrücke für typische
Unterschiede:
Am erstem vormittag mit einem Computer im Kindergarten folgen
ein wahrer Haufen von Kindern neugierig ein paar Stunden den Ereignissen
auf dem Schirm. Später am Vormittag hat sich die erste Neugier
gelegt, und es sind fünf Jungen und ein (sechsjähriges)
Mädchen übrig. Morten (4 Jahre alt) hat die Maus in
der Hand und ist bei Millies Math House dabei. Dieses Programm
vom "Edutainment"-Typus ist in mehreren Räumen
mit verschiedenen Aufgaben aufgeteilt. Auf dem Schirm hat Morten
"den Schuhladen", in dem die Aufgabe darin besteht,
drei verschieden große Gestalten Schuhe in der richtigen
Größe anzuziehen.
Ein paar größere Jungen im Alter von sechs Jahren
sind die aktivsten Teilnehmer. Sie fordern ständig Morten
auf, den Gestalten Schuhe in falscher Größe anzuziehen,
und wenn er das tut, amüsiert sich die Gruppe sehr. Spiele
von diesem Typus, bei dem es darum geht, in einem Programm etwas
Falsches zu tun, spielen die Kinder später oftmals. Sie nennen
es "Blödspielen".
Nach ungefähr zehn Minuten ist das Mädchen dran, die
Maus zu lenken. Auch sie wird aufgefordert, falsche Schuhe anzuziehen,
aber sie will es nicht. Sie will es "richtig" machen
und die Aufgabe lösen, und allen Aufforderungen zum Trotz
zieht sie den Gestalten die richtigen Schuhe an. Die Jungen verlieren
schnell das Interesse für das, was auf dem Schirm spielt.
Sie versuchen eine kurze Weile das Mädchen zu necken, hören
aber auf, als es wirkungslos ist. Sie fangen stattdessen an, hinter
dem Rücken des Mädchens zu spielen und sich ein wenig
zu kabbeln.
Das Mächen ist nur auf den Schirm aufmerksam, sie konzentriert
sich darauf, den Gestalten verschiedene Schuhe anzuziehen - nicht
wegen der Größe, denn das macht sie schon richtig,
sondern wegen der Art und der Farbe.
Als sie im Programm den Raum wechseln will, hören die Jungen
mit ihrem Spiel auf und richten ihre Aufmerksamkeit auf den Schirm,
während sie versuchen, das Mädchen zu beeinflussen.
Mehrere von ihnen fordern auf:
- Hubschrauber, Hubschrauber... Das ist das einzige, was wir nicht
probiert haben.
Diese Situation ist typisch: Das Mädchen mach das "Richtige",
während die Jungen experimentieren und gerne Grenzen überschreiten.
Das Mädchen ist stark genug, in der Gruppe sitzenzubleiben,
um den Computer probieren zu dürfen, aber sie ist nicht daran
interessiert, in das gemeinsame Projekt der Erforschung von "Millies
Math House" einzugehen, bei dem die Jungen waren. Dafür
findet sie bei den Jungen keine Resonanz bezüglich des Aussehens
und der Farben der Schuhe. Es handelt sich um entscheidende Unterschiede
des Stils (der Art und Weise, wie Jungen und Mädchen die
Maschine angehen und des "Projekts", das sie jeweils
bei der Maschine haben.
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Jungen und Mädchen haben beide ihre eigenen Tagesordnung
vor dem Computer im Kindergarten, und dieses Muster bestätigt
die oben beschriebene Forschung auf dem Gebiet des Geschlechts
und der Spielkultur. Die Jungen experimentieren am meisten, sie
sind in gewisser Weise am sachlichsten und am meisten daran interessiert,
die Programme zu erforschen, und sie machen wie erwähnt oft
die Dinge bewußt ganz falsch. Die Mädchen folgen in
hoherem Maße den Anleitungen des Programms - und sie interessieren
sich für die Ästhetik. Die Jungen interessieren sich
z.B. nicht für das Aussehen der Schuhe, die im Schuhladen
den Gestalten angezogen werden.
Es besteht also ein großer Unterschied zwischen dem, was
die Jungen und die Mädchen aus dem Computer und den Programmen
"herauszuholen" versuchen. man muß die Verwendung
des Computers im Kindergarten nicht lange mit ansehen, um zu erkennen,
daß er in weit höherem Grade für die Jungen als
für die Mädchen einen "Spielraum" darstellt.
Die Jungen dominieren den Computer, und er ist in hohem Maße
ihr Raum. Sie dominieren kraft ihres größeren Interesses,
sie halten länger durch, und sie sind bei der Maschine kreativer.
Es ist kurz gesagt für ihn interessanter, bei der Maschine
gemeinsam zu sein, und wenn das so ist, wird die Dominanz der
Jungen selbstverstärkend. Teils besetzen sie die Maschine,
teils wissen sie mehr über die Programme, weshalb sie ihnen
mehr Spielmöglichkeiten abgewinnen können. Der Computer
wird ein Spielzeug für Jungen, aber dies heißt wohlgemerkt
nicht, daß die Mädchen das Interesse ganz verliert
(so wie es z.B. bei Waffen der Fall ist, die Mädchen nur
selten anfassen).
Man soll sich merken, daß die Dominanz der Jungen sich
durch den Umstand verstärkt, daß der Computer in den
Institutionen Mangelware ist. Das heißt, daß es für
zwei oder drei Mädchen schwierig sein kann, einen Computer
für sich ungestört zu behalten. Dies kann eine mitwirkende
Ursache dafür sein, daß die Mädchen die Maschine
nicht in demselben Maße wie die Jungen benutzen. Für
die Jungen dagegen bedeutet es nichts. Ihre Spielgruppen können
problemlos groß sein. Sie sind zudem mehr mit anderen Altersgruppen
zusammen als die Mädchen. Die lockere Struktur der Spielgruppen
räumen auch den kleineren Kindern einen Platz ein, was heißt,
daß die Kompetenzen unformal unter den Jungen fließen.
Es besteht kaum Zweifel darüber, daß die Inhalte der
Programme für den Unterschied zwischen dem Interesse der
Jungen und der Mädchen von großer Bedeutung ist, aber
sie sind nicht alleinentscheidend. Zentral ist, daß man
den Computer nicht von seinem Verwendungszusammenhang getrennt
anschaut. Der Computer ist so wenig wie andere Medien von den
Empfängern und von der Rezeption unabhängig. In dieser
Hinsicht ist es nicht unwichtig, daß unter Kindern (Jungen)
eine Computerkultur existiert, die auch für die Vorschulkinder
von Bedeutung ist. Das ist bei den Ältesten Kindern dieser
Altersgruppe umittelbar am deutlichsten, aber es wirkt narürlich
auf die ganze Gruppe der Kinder ein. Diese Computerkultur ist
mit der Spielkultur im breiteren Sinne verflochten, die in hohem
Maße in eine Mädchen- und eine Jungenkultur aufgeteilt
ist.
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More on the subject children and computers: www.carsten-jessen.dk
Carsten Jessen
Associate professor, Ph.d.
The Danish University of Education
Department of Educational Anthropology
Emdrupvej 101
DK-2400 Copenhagen
Tlf: 3969 6633
Fax: 3969 0081
Email: cj@dpu.dk
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